Jahresbericht aus Neerpair 2012

Ein spannendes Jahr neigt sich dem Ende entgegen, und wir möchten die Gelegenheit nutzen, Sie über die Entwicklungen in unseren indischen Projekten zu informieren.

Das Jahr 2011 endete mit einer Naturkatastrophe: am 30.12.2011 verwüstete ein Zyklon mehrere Ortschaften in unmittelbarer Nähe unserer Dorfschule in Neerpair. Eine Vielzahl von Strohhütten wurde zerstört und Ernte vernichtet. Ähnlich wie bereits nach dem Tsunami 2004 war Father Suresh mit seinem Team als einer der ersten Helfer vor Ort.  Aktion Indien stellte 20.000 EUR als Soforthilfe zur Verfügung. Hiervon wurden 3.000 Familien in den umliegenden Dörfern mit Essen versorgt, fünf Häuser gebaut und Reparaturarbeiten an Wohnheim und Schule in Neerpair durchgeführt.

Im Kinderwohnheim in Neerpair hat sich in diesem Jahr viel getan. „Die Kinder haben das Wohnheim richtig lebendig gemacht, mit eigenem Garten, und sogar Haustieren (Hunde, Enten, Truthähne). Hier ist richtig was los!“, berichten Hannes Datta und Martin Jensen, die zwischen 2004-2005 ihr Freiwilliges Soziales Jahr in unseren Projekten verbrachten und im November 2012 wieder in Neerpair zu Besuch waren. Auch aus der angrenzenden Dr. Arulappa Schule gibt es freudige Nachrichten. 98% des Abschlussjahrganges haben im April 2012 ihr Abitur bestanden. Ein Traumergebnis. Rund 70 ehemaligen Schülern können wir mittlerweile einen Platz in unserem Stipendiatenprogramm anbieten. Dort bekommen die jungen Erwachsenen die Möglichkeit auf eine Ausbildung oder ein Studium. Hannes und Martin konnten einige dieser Studenten persönlich treffen, so beispielsweise John Simon, der ein Studium zum Toningenieur gemacht hat und nun sein eigenes Tonstudio in Chennai betreibt. Das tolle ist, dass unsere ehemaligen Schülerinnen und Schüler nun selbst eine aktive Rolle im Projekt übernehmen. Mathematikstudent Parthiban kommt beispielsweise am Wochenende ins Wohnheim um unseren Schülern Nachhilfeunterricht zu geben. Und diejenigen, die Arbeit gefunden haben, unterstützen das Projekt sogar finanziell. „Neben dem Engagement aktiver und ehemaliger Studenten beeindrucken aber besonders die Fürsorge und das Engagement von Father Suresh und der Projektmanagerin Ms. Nandhini. Für beide liegt das Wohl der Kinder an oberster Stelle. Und das ist jeden Tag spürbar!“ berichten Hannes und Martin weiter.
Von diesem Engagement konnten sich im Jahr 2012 auch noch weitere Gruppen überzeugen. Von Ihren Eindrücken erzählen sie:

 

Indisch-deutsches Projekt zum Thema:
Wasser als Menschenrecht, wie viel Wasser steht mir zu? im St. Johns Wohnheim in Neerpair

Am 13. Oktober sind wir mit einer Gruppe von 15 Schülerinnen und Schülern sowie zwei Lehrerinnen der Albert-Schweitzer-Schule Nienburg (ASS) für drei Wochen nach Indien aufgebrochen. Gemeinsam mit unserer indischen Partnergruppe von der Dr. Arulappa, Hr. Sec. School Neerpair (AHSS) haben wir an dem Projekt „Wasser als Menschenrecht – wie viel Wasser steht mir zu?“ gearbeitet. Dazu haben wir in den ersten Tagen viele Kennlern- und Gruppenbildungsspiele gespielt, so dass bereits nach wenigen Stunden aus einer indischen und einer deutschen Gruppe eine gemeinsame Projektgruppe wurde. Nachdem wir uns alle richtig kennen gelernt hatten, haben wir angefangen uns mit dem Thema Wasser zu beschäftigen.

Nachdenklich gemacht hat uns vor allem der Besuch im Dorf der Dalits in Porur. Das Dorf liegt tief im Tal; höher gelegen ist das Dorf der höheren Kasten. Es gibt auf dem Berg Trinkwassertanks, von denen das Wasser zunächst zu den Menschen der höheren Kasten gelangt und dann zu den Dalits. Dies führt dazu, dass der Wasserdruck bei den Dalits so gering ist, dass das Wasser nur unterhalb der Erdoberfläche in einem Loch abgezapft werden kann – bei Regen bedeutet das, dass das Regenwasser zunächst abgeschöpft werden muss. Auch sonst hat uns die Freundlichkeit der Menschen, die dort in kleinen Hütten leben, tief beeindruckt.

Spuren hinterlassen haben aber auch unsere Überlegungen dazu, welche Rolle unser eigenes Konsumverhalten für das Leben der Menschen in Indien hat. So haben wir uns zum Beispiel mit unserem indirekten Wasserverbrauch beschäftigt, d.h. wie viel Wasser für die Produktion von Dingen benötigt wird, welche wir kaufen.

Die Arbeit am Projekt hat uns viele Denkanstöße gegeben und uns viel Spaß gemacht! Insbesondere haben wir uns über die Offenheit und Gastfreundschaft unserer indischen Partner­gruppe und aller Kinder des St. Johns Wohnheims gefreut.

Unterstützt wurden wir bei unserem Projekt finanziell von der Nienburger Werner Erich Stiftung und der Ernst-Stewener Stiftung und finanziell und bei der inhaltlichen Vorbereitung von ENSA & Engagement global, dem entwicklungspolitischen Schulaustauschprojekt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit. Einen Bericht über die täglichen Eindrücke der Reise kann man unter www.arivu.de einsehen.

Kathrin Haase/Hilde Munk

Reisebericht Gymnasium Josephinum, Hildesheim

Mit vielen Erwartungen im Gepäck und gut vorbereitet starteten wir – 12 SchülerInnen der Oberstufe und 5 LehrerInnen des Gymnasiums Josephinum Hildesheim – zu unserem Besuch der Partnerschulen in Neerpair und Kilachery (20.10. – 2.11.). Die vierzehn Tage unseres Aufenthalts waren geprägt von zahlreichen Begegnungen und Gesprächen (z.B. mit Lehrern und Schülern in Neerpair und Kilachery, dem Bischof von Chingleput, den Bewohnern des Dorfes Porur, der WE-Group (Stipendiatenprogramm), den Mitreisenden bei unseren Zugfahrten), die uns die sozialen Missstände und ungerechten Lebensverhältnisse, unter denen die meisten Einheimischen zu leiden haben, anschaulich vor Augen führten. Andererseits hat uns die Aufgeschlossenheit und Lebensfreude der Menschen sehr beeindruckt, die sich trotz schwierigster Lebensumstände ihre Würde und ihren Stolz bewahrt haben.

Besonders nachhaltig ist uns der Besuch in Kilachery in Erinnerung geblieben. Nach einem grandiosen Empfang mit Musik, Tanz, Theater und Akrobatik präsentierten uns die Schüler der St. Joseph’s Higher Secondary School an ihrem „Science Exhibition Day 2012“ die Ergebnisse des naturwissenschaftlichen Unterrichts. Die mit einfachen Mitteln sorgfältig und liebevoll gestal­teten Modelle und Versuchsanordnungen be­schäf­tigten sich u.a. mit Möglichkeiten der Strom­gewinnung oder aber auch der Weiternutzung des im Haushalt verwendeten Wassers für die Feldbewirtschaftung. Der Schulleiter Fr. Gilbert und seine Mitarbeiter informierten uns ausführlich über die Situation an der Schule und im Schülerwohnheim Josephinum. Für unsere SchülerInnen war das Zusammensein mit ihren indischen Mitschülern von besonderer Bedeutung: Im Austausch über den jeweiligen Schulalltag, Einblicke in Unterrichtsinhalte und Schulheftgestaltung, aber auch das gemeinsame Spielen konnten sie viele neue Eindrücke gewinnen und sich selbst ein Bild davon machen, mit welcher Energie sich die indischen Schüler um einen möglichst guten Schulabschluss bemühen, der ihnen Chancen für eine selbstbestimmte Zukunftsgestaltung unter besseren Lebensbedingungen eröffnet.

Dass die Schule in Kilachery auf einem sehr guten Weg ist, war die einheitliche Meinung nach dem Besuch dort. Wir kehrten mit dem guten Gefühl zurück, in den Verantwortlichen vor Ort zuverlässige Partner und in den Schülern Menschen zurückzulassen, die positiver als viele andere junge Menschen in Indien ihre Zukunft gestalten können und wollen.

Eva Tiecke/Michael Schönleber

 

Diese positiven Berichte und Erfahrungen aus dem letzten Jahr zeigen, dass Aktion Indiens Mission, langfristige und nachhaltige Bildung zu ermöglichen, immer mehr Früchte trägt.  Ohne Ihre großzügige Unterstützung wäre das nicht möglich gewesen.

 

Herzlichen Dank dafür!

Dr. Johannes Mispagel